Am Abend des 21. April 2002 befindet sich Frankreich im Schockzustand. Jean-Marie Le Pen, Führer des rechtsextremen Front National (FN), befindet sich mit 16,9 % der Stimmen in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl. Zählt man die Stimmen des konkurrierenden anderen rechtsextremen Kandidaten, Bruno Mégret vom Mouvement National Républicain (MNR), hinzu, so kommen die rechtsextremen Kandidaten auf 19,2 % der abgegebenen Stimmen. (Mayer 2002, 330). Dass dies kein Einzelerfolg ist, zeigen folgende exemplarisch ausgesuchte Ergebnisse: bei den Regionalwahlen 1992 bekommt der FN 11,8 % der Stimmen, bei den Präsidentschaftswahlen 1995 15,3 % und bei den Parlamentswählen2 1997 14,9 % (Minkenberg 1998, 272). Diese Liste ließe sich um einige jüngere Erfolge ergänzen. Sie zeigt jedoch: der FN ist seit Mitte der 1980er Jahre zu einer nicht zu unterschätzenden politischen Macht geworden, die im Zeitraum von 1990 bis 2005 im Durchschnitt 13 % der Stimmen bei Parlamentswahlen erhalten hat (Norris 2005, 54).
Der Gegensatz zu Deutschland ist frappierend: hier haben die drei rechtsextremen Parteien – Deutsche Volksunion (DVU), Republikaner (REP) und Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) – in demselben Zeitraum nie solche Erfolge sammeln können. Ihr Wahldurchschnitt liegt zusammen bei 2,6 % (Norris 2005, 54). Zwar gibt es durchaus auch Erfolge der rechtsextremen Parteien, wie bei den Landtagswahlen 2004 in Sachsen und Brandenburg, bei denen die DVU 6,9 % der Stimmen in Brandenburg erzielen konnte, und die NPD mit 9,2 % der Stimmen in den sächsischen Landtag ein-zog (Klein 2006, 99). Allerdings sind solche sporadischen Erfolge kaum mit dem generellen Hoch der FN zu vergleichen.
Warum aber finden rechtsextreme Parteien in Frankreich mehr Zuspruch bei Wahlen, als rechtsextreme Parteien in Deutschland?
Die Definition von Rechtsextremismus ist umstritten und es gibt viele verschiedene Ansätze zur Bestimmung des genauen Begriffs (Minkenberg 1998, 29ff.). Allerdings ist in der Literatur bisher unumstritten, dass es sich bei den oben genannten Parteien um rechtsextreme Parteien handelt. Deswegen kann man davon ausgehen, dass die Ein-stufung dieser Parteien korrekt ist (vgl. hierzu Brandstetter 2006, Decker 2000, Kailitz 2000, Mayer 2002, Minkenberg 1998, Norris 2005 u. v. m.).
Die Wahl einer Partei, insbesondere einer extremen Partei, ist zu komplex um sie in ein einziges Erklärungsschema zu pressen. Deswegen soll folgende These aufgestellt wer-den: die Wahl des FN lässt durch folgende Elemente auf der Nachfrageseite erklären: Kulturprotektionismus auf der Mikroebene, die Wahl des FN als Protestwahl und somit als Zeichen mangelnder Unterstützung, sowie die Wahl des FN als Reaktion auf die Modernisierung. Nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch auch nicht die Angebotsseite, d.h. die Positionierung der anderen Parteien, das Charisma des Parteiführers, sowie die historische Akzeptanz. Es ist anzunehmen, dass die größte Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich bei den zwei letzteren Elementen bestehen. In der Tat ist nicht davon auszugehen, dass die Unterschiede bei den anderen Punkten aus-reichend sind um die unterschiedliche Zustimmung zu erklären.
[...] Die ablehnenden Haltungen der politischen Klasse gegenüber sind in Deutschland und Frankreich also ähnlich. Daraus lässt sich also schließen, dass wenn es sich bei der FN-Wahl um eine Protestwahl handelt die Nichtunterstützung der Berufspolitiker nicht ausreicht um den Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich zu erklären: die Werte sind dafür zu nah beieinander Die Unterstützung der staatlichen Institutionen Bei der Untersuchung der zweiten Ebene geht es darum herauszufinden, inwieweit Wähler der FN den demokratischen Institutionen Vertrauen schenken und inwieweit dies auf die Bevölkerung übertragen werden kann: this argument, the rise of the radical right reflects a profound lack of confidence in core institutions of representative democracy, not just a rejection of the electoral choices offered by the mainstream parties [ . [...]
[...] (2002, 371) kommen nämlich zu dem Ergebnis, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Wahl rechtsextremer Parteien und der Anzahl der Arbeitslosen auf Gesamtebene gibt. Jedoch kommen Jackman und Volpert (1996, 516) zu dem Ergebnis, dass „higher rates of unemployment provide a favourable environment for these political movements [rechtsextreme Parteien]“. Auch Givens (2002) kommt zu dem Ergebnis, dass es sehr wohl eine Verbindung zwischen Erfolg rechtsextremer Parteien und Arbeitslosenzahlen gibt. Da außerdem das Potenzial der rechtsextremen Partei mit ansteigenden Modernisierungsverlierern auch steigen müsste, wird davon ausgegangen, dass die Messung durch diese Größen signifikant ist. [...]
[...] Deren Entscheidung wird einen bedeutenden Einfluss haben, welchen Einfluss rechtsextreme Parteien haben werden. Dabei gibt es zwei Herangehensweisen: die von Kitschelt (1995) oder die von van der Brug et al. (2003) Kitschelts These: der Abstand zwischen Links und Rechts Kitschelt (1995, 14ff.) geht davon aus, dass nach Ende des Kalten Krieges es eine Art Konsens hin zu einer libertären Politik gegeben hat. Gleichzeitig besteht auch eine Übereinkunft darüber, dass die Wirtschaftspolitik kapitalistisch sein muss. Dazu kommen auch noch die oben beschriebenen Umbrüche im Parteiensystem. [...]
[...] Somit konnten wir einen weiteren wichtigen Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich feststellen. Denn während es in Frankreich keine richtige Aufarbeitung des Vichy-Regimes gab, so gab es in Deutschland eine umso stärkere Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Damit ist die Wahl einer rechtsextremen Partei mittlerweile zu einem Tabu geworden, das nur schwer gebrochen wird. IV. Schlussfolgerung Wir haben und mehrere mögliche Hypothesen angeschaut, die oftmals als Grund für die Wahl einer rechtsextremen Partei gelten und überprüft, ob es in Frankreich ein höheres Potential gäbe, das erklären konnte, weshalb der Front National bessere Ergebnisse bekommt. [...]
[...] Der größte Unterschied ist also bei der Bewertung der Judikative zu sehen. Wie dem auch sei, das Misstrauen zu den wichtigsten politischen Institutionen der Legislative und Exekutive ist sowohl in Frankreich und Deutschland ungefähr gleich schwach ausgeprägt. Demnach kann auch das Institutionenmisstrauen nicht als der Unterschied ausgemacht werden, der für die unterschiedlichen Wahlergebnisse verantwortlich ist. C. Rechtsextremer Erfolg als Konsequenz der Modernisierung 1. Von Modernisierungsgegnern und Modernisierungsverlierern Schon Lipset (1964 und 1981) war der Meinung, dass sich die Erfolge des Faschismus in Deutschland, bzw. [...]
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