Der Politische Neorealismus ist eine der Großtheorien im Bereich der Internationalen Beziehungen. Die Theorie baut auf den Grundlagen des Realismus von Hans Morgenthau auf. Er bezeichnet in seinem 1948 erschienenen Hauptwerk "Politics among Nations" zum ersten Male die internationale Politik als einen unmittelbaren Kampf um Macht. Das nationale Interesse eines Staates ist in diesem Zusammenhang nichts anderes als ein kollektives Machtstreben. Morgenthau geht davon aus, daß die Gesellschaft von in der menschlichen Natur liegenden objektiven Gesetzen beherrscht wird. Das menschliche Machtstreben äußert sich also in der internationalen Politik als Interesse. Die Macht als Herrschaft von Menschen über Menschen wird dabei variabel definiert, um Demokratien und totalitären Herrschaftssystemen Rechnung zu tragen. Schließlich werden die Vorstellungen über eine allgemein für alle Völker gültige Moral durch ein flexibles Handeln in konkreten Situationen ersetzt. Man ist sich der Bedeutung moralischen Handelns zwar bewußt, wägt aber die politischen Auswirkungen solch eines Tuns dagegen ab. Immer wird nach der Wirkung einer bestimmten Politik auf die Macht des Staates gefragt. Vorrangig in solch einem internationalen System ist das Streben nach einem Gleichgewicht der Kräfte, das so Frieden und Stabilität sichert.
Der neorealistische Ansatz ergab sich aus mehreren Kritikpunkten an der Realistischen Schule der 60'er Jahre. In den neuen Ansatz einbezogen wurden vor allem Konzepte und Modelle aus anderen Wissensgebieten. Untersucht werden dabei die Fragen von System/Entscheidung, Interesse/Macht, Wahrnehmung/Wirklichkeit, Kooperation/Konflikt sowie Norm/Nutzen.
Die Beschäftigung mit dem Realismus und Neorealismus in den internationalen Beziehungen in dieser Arbeit rührt aus der ständigen Aktualität der Theorien her, da sie sich beide mit den internationalen Beziehungen aus einer realistischen Perspektive beschäftigen. Diese beiden Theorien haben auch durch die veränderte Weltlage nach dem Ende des Kalten Krieges in ihren grundsätzlichen Aussagen nicht an Bedeutung verloren.
Im ersten Teil der Arbeit werde ich mich mit Morgenthau beschäftigen, ich werde die Grundzüge, historische Hintergründe und Grundpositionen darstellen und mich hierbei insbesondere auf seine Anthropologie, auf welcher seine Grundannahme basiert, und den Machtbegriff konzentrieren.
Im zweiten Teil werde ich dann die Entwicklung des Morgenthauschen Ansatzes hin zum Neorealismus aufzeigen. Dabei werde ich auf die Gemeinsamkeiten der Theorien eingehen und dies wird uns am Schluß zu einem Fazit führen, ob der neorealistische Ansatz zur Erklärung der Internationalen Politik geeignet ist.
[...] Aber im Gegensatz zu den US-Neokonservativen ist der Realismus als Instruktur dabei, den machtzentrierte Alleingang der USA kritisch zu betrachten. Zum Schluss, die Bestätigung der Arbeitshypothesen ermöglicht sichere Aussagen über den Neorealismus. Angesichts von Bedrohungen verteidigen starke Staaten ihre Macht. Ob mächtigen Staaten tatsächlich ein Machtverlust droht, ist dabei unwichtig für das Verhalten eines Staates. Wenn mächtige Staaten die Einsicht haben, durch Handlungen eines anderen Staates benachteiligt zu werden, reagieren sie, um ihren Anteil an der Macht zu behalten. Schwächere Staaten im System versuchen, durch Imitation eines mächtigen Staates einen größeren Anteil an der Macht zu gewinnen. [...]
[...] Zweitens: Die Einheiten des internationalen Systems sind souveräne Nationalstaaten, die nach innen ein Gewaltmonopol besitzten und nach außen versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Drittens gibt es keine funktionale Differenzierung zwischen den einzelnen Akteuren im internationalen System ( funktionale Homogenität). Deshalb, als Akteure sind die Staaten im internationalen System alle funktional gleich: sie müssen sich vorrangig um ihre Sicherheit kümmern. Viertens : Der einzig wirklich relevante Unterschied zwischen den Staaten sind ihre unterschiedlichen Machtpotentiale. Die Verteilung von Macht zwischen den Einheiten im System (Staaten) ist von zentraler Bedeutung. [...]
[...] Durch den zweiten Weltkrieg gelangte er zu einer realistischen Sichtweise der Politik, die verstärkt den Begriff der Macht hervorhob. Aufgrund der Misserfolge der Idealisten entwickelte er eine Theorie, mit der er diese Misserfolge erklären wollte und unter den geänderten Bedingungen einer " geteilten Welt" einen Beitrag zur Friedenserhaltung leisten wollte. Der politische Realismus ist eine Richtung innerhalb der Politikwissenschaft, die sich mit internationalen Beziehungen auseinandersetzt. Der Ausgangspunkt seiner Theorie war das Menschenbild. Morgenthau berief sich dabei teils auf das negative (pessimistische) Menschenbild Hobbes'. Nach ihm ist der Mensch durch einen Dualismus geprägt; sein Wesen ist widersprüchlich. [...]
[...] Seit anfang der 1990er Jahre erwuchs mit dem Sozialkonstruktivismus eine weitere Grosstheorie der Internationalen Beziehungen, welche die realistische Schule je länger je mehr abzulösen vermag. Der Unilateralismus der USA unter George W. Bush, die Spaltung der EU vor dem Irak-Krieg, die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen und andere Prozesse zeigen jedoch, dass der Realismus keine Konjunkturtheorie ist, sondern permanente historisch wirksame Kräfte aufzeigt. Der Konstruktivismus ist mehr eine soziologische Theorie, die Steuerungsdynamik in Organisationen erklärt. Ob diese Organisationen für den Frieden oder eine Herrschaftsambition kämpfen, spielt jedoch keine Rolle. [...]
[...] III Inwiefern ist die Theorie des Neorealismus auf die heutige Internationale Politik anwendbar? Zahlreiche Aspekte der Theorie des Realismus (und des Neorealismus) zeigen, daß diese nicht mehr wirklich an die Erklärung der derzeitigen Welt angepaßt wird. Die überzeugendsten sind zum Beispiel: der Pessimismus des Welt- und Menschenbildes, das unhistorische und dogmatische Vorgehen, die Vernachlässigung der ökonomischen und der sozialen Dimension der Politik. Ausserdem, ist die Erhaltung und Akkumulation von Macht nicht das einzige Ziel von Staaten: humanitäre, und moralische Werte sind auch wichtig. [...]
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