In ihrem Essay "Frauen und Kinder in der Emigration" schildert Anna Seghers das Leben von antifaschistischen Emigranten in Paris, die Deutschland verlassen mussten, um der Verfolgung durch die Nazis zu entgehen, weil sie Juden oder Kommunisten waren. Sie bezieht sich dabei auf die Fragebogen der dortigen "Roten Hilfe". Die Schriftstellerin hebt hier den Schleier der Sozial- und Alltagsgeschichte des weiblichen Exils auf. So unterschiedlich die Lebensumstände dieser Frauen in Deutschland, ihre Herkunft, die Gründe für die Emigration und individuellen Eigenschaften auch waren - sie erleben das Schicksal der Leute, die wegen der Grausamkeit ihrer Mitbürger aus der Heimat fortmüssen. Die Erzählung enthält Elemente der Übertreibung, die Rolle der Frau wird ausgebreitet und hervorgehoben. Die Entstehungsumstände dieses Textes wurden bisher noch nicht genau herausgefunden; auch über das Entstehungsdatum sind sich die Literaturwissenschaftler nicht einig (es gibt vier Varianten: erste Hälfte der dreiβiger Jahre - möglicherweise schrieb Seghers ihn für den Weltkongress der Frauen gegen Krieg und Faschismus, den Gertrude Duby, damals Sekretärin des der KPD nahe-stehenden Komitees der Frauen gegen den Krieg, 1934 in Paris organisierte; ca.1937; 1938; 1941).
[...] Nur die deutsche Jugendgruppe, die er besucht, kann ihn noch verändern. Doch gibt es kleine Sonnen, die mit ihrem Licht im sozialen Sinne zugrunde gehende Freunde retten. Erna spricht und schreibt Deutsch zu Hause, liest die besten deutschen Bücher. Sie tritt auch in die Jugendgruppe ein und hilft dort allen, die es benötigen. Auch in einer anderen Familie steht das Heimatland an der ersten Stelle. Hier hat der politische Moment eine gröβere Bedeutung. Es werden deutsche Presse gelesen und die Ereignisse jenseits der Grenze besprochen. [...]
[...] Alles ging aber glücklicherweise gut. Diese Aktion erinnert mich an die Heldentaten der Frauen der russischen Revolutionären, die ihren Männern folgend ins Exil nach Sibirien gingen. Sie waren angesehen, sie hatten alles, was sie brauchten, und sie verlieβen die Pracht der groβen Stadt, obwohl sie wussten, welche unmenschliche Lebensbedingungen und Prüfungen auf sie im kalten, kaum besiedelten Land warteten. Sie blieben ihren Idealen bis zum Ende ergeben. Der Aufstand fand am 14. Dezember 1825 statt. Und nach einiger Zeit fahren die ersten, Fürstin Wolkonskaja und Fürstin Trubetskaja, in die Öde, den Leiden entgegen, um der ganzen Welt ihre Zuversicht in dem gewählten Weg zu zeigen. [...]
[...] Anna Seghers zeigt den “gewöhnlichen” Fall einer “gewöhnlichen” Frau. Aber eigentlich ist die Frau schon eigenartig. Ihr Mann kommt nach dem Konzentrationslager zurück, er findet Arbeit und schlieβt sich wieder seiner Partei an. Plötzlich muss er fliehen. Die Frau steht mit ihrem zweijährigen Sohn der Gestapo gegenüber. Sie wird von den Nationalsozialisten gequält, bis der Mann sie durch Freundeshilfe mit dem Kind nachkommen lässt. Für die Frau ist die neue Stätte unbekannt, sie hat noch nie zuvor ihre Heimatstadt verlassen. [...]
[...] Ihre Sprache klingt leicht und heiter, obwohl das Thema nicht sehr lebensfroh ist; sie ist verständlich, ein bisschen kindisch, aber zu selben Zeit auch sehr erwachsen. Sie findet sofort einen Anklang im Herzen, man fühlt wirklich, was die Schriftstellerin meinte. Der Stil ist bis zum letzten Wort ausgehalten. Der Essay “Frauen und Kinder in der Emigration” von Anna Seghers mutet wie ein kleiner Film aus dem Leben der Verjagten an. Artikel “Gesichter der Anna Seghers”, September 1992. Quelle unbekannt. “Argonautenschiff” (Band / S ibid, S “Argonautenschiff” (Band / S ibid, S. [...]
[...] Anna Seghers spricht auch von den Kindern, deren Beispiele nicht typisch für die damalige Gesellschaft sind. Einem Jungen wurde jeden Tag in der deutschen Schule der Mund blutig geschlagen, weil er sich das Horst- Wessel-Lied zu singen weigerte. Der andere fing plötzlich an, Schlüssel zu sammeln (und sie dabei auch zu stehlen), weil er die Zelle seines Vaters aufschlieβen wollte. Manche haben den Mord ihrer Eltern gesehen. Bei den ausländischen Kindern fanden die kleinen Deutschen aber Verständnis. Kinder sind Kinder. [...]
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