„Jeder Baum, jede Hecke ist ein Strauß von Blüten und man möchte zum Maikäfer werden, um im Meer von Wohlgerüchen herumschweben zu können“ so Johann Wolfgang von Goethe. Mit anderen Worten könnte man dies auf die Raumforschung anwenden. Jeder Ort, jeder Gegenstand ist vielseitig interpretierbar, und man möchte derjenige sein der diese Vielfältigkeit erläutert.
Wie die Natur für unsere Welt ist die Räumgestaltung im Faust unerlässlich. Jede Ortsangabe des Werks hat ihre symbolische Bedeutung, jede Szene eröffnet einen charakteristischen Raum . Um dies zu illustrieren werden wir uns auf eine bestimmte Szene des Faust I beziehen, aber welche? Wir sind der Meinung, dass alle Szenen auf dieser semiotischen Ebene ausschlaggebend sind. Wir haben uns daher auf die Szene „Straße“ konzentrieren, weil diese für diesen Aspekt besondere Charaktereigenschaften aufweist, weil sie als Übergangsszene im Mittelpunkt der Tragödie steht, und weil diese von der Kritikliteratur noch kaum tiefgründig interpretiert wurde.
Welchen Zusammenhang kann man zwischen dem Spaziergang Fausts und der von Gretchen erstellen? Welche Rolle spielt Mephisto dabei? Kann man diese Szene als Schlüsselszene bezeichnen? Welche Auswirkungen hat die Begegnung Faust-Margarethe für die folgende Handlung? Anhand dieser Leitfragen werden wir versuchen die Szene zu erläutern, um erschließen zu können ob die Semiotik eine unentbehrliche Rolle für die Textanalyse und Textinterpretation spielt. Wir werden also progressiv vorgehen: als erstes werden wir die tragische Konstellation der Szene erforschen, um dann die auffallende Zerrissenheit Fausts und dessen Herkunft bearbeiten. Schließlich befassen wir uns mit der Korrespondenz zwischen der Raumgestaltung der Szene „Straße“ und dem tragischen Ansatz der gesamten Faust-Handlung.
[...] Das Kästchen läutet die Gretchenhandlung ein. Die vordergründigen Funktionen des Kästchens als Geschenk der Leibe und zum Zeck der Betörung Gretchens konnten weiterhin als „symbolische Vorausdeutungen des Handlungsverlaufes erklärt werden (dies steht parallel z.B. mit dem „Schlüssel-Schloss Motiv als Symbol des Geschlechtsaktes und somit als Vorraussetzung von Gretchens Schicksal). Das Sexualmotiv und das Unheilverheißende am Kästchen wird durch Rückgriffe auf die Antike „Cista mystica“ verdeutlicht[15]. Das Kästchen hat auch in Goethes Leben eine wesentliche Rolle gespielt, dies beweist weiterhin die zentrale Bedeutung und den Funktionsgehalt im Faust als Sexual- und Schicksalsmotiv[16]. [...]
[...] Von Bann Gretchens fällt Faust in einer derben Begierde. Mit „chauvinistischem Ungestüm“[9] bittet er den Teufel seinen Wunsch zu erfüllen. Das ist die erste Wandlung des Verhalten Fausts. Bei dieser Erstbegegnung ist er ausschließlich auf die Befriedigung seiner Sinnlichen Begierde aus; Es handelt sich hier um die erste qualitative Wandlung seiner Haltung. Man muss dazu jedoch unterstreichen, dass Faust von dem Treffen mit Margarethe sehr geprägt wurde: „Beim Himmel dieses Kind ist schön / So etwas hab ich nie gesehn“ ff.). [...]
[...] Ruhfus Rohmer, Éric : L‘organisation de l‘espace dans le Faust de Murnau. Paris : Petite bibliothèque des cahiers du cinéma Schmidt, Jochen : Goethes Faust. Erster und zweiter Teil. Grundlagen Werk Wirkung. München : C.H. Beck Schöne, Albrecht : Johann Wolfgang Goethe, Faust (In 2 Bände). Frankfurt am Main : Deutscher Klassiker Verlag Aus : Goethe, Johann Wolfgang : Die Leiden des jungen Werther. Frankfurt/Main, Leipzig : Insel Taschenbuch [Brief vom 4. Mai 1771], Seite 10. Vgl. Kröger, Wolfgang : Johann Wolfgang Goethe, Faust 1. Stuttgart : Reclam Seite 43. [...]
[...] Diese Konstellation innerhalb der Szene ist sehr problematisch. Faust ist begierig und bittet daher Mephisto ihm Dirne zu schaffen“; dieser, obwohl er Gretchen schon für diese Rolle vorbestimmt hat, gibt sich zunächst als unfähig da sie von reiner Seele sei. Dazu kommt noch die kaum zu übergehende Kluft zwischen Mephistos und Gretchens Einstellung. Wie soll ein Geschöpf der Hölle ein solch „unschuldig Ding“ überzeugen? Diese komplexe Situation hat zur Folge eine Wandlung der Charaktereigenschaften Fausts: Sowohl in seiner Sprache als auch in seinem Verhalten. [...]
[...] Er zeigt sich erstaunt, dass Faust vom Gesetz nicht sehr viel hält. Zwar meint Faust das vielleicht bloß ironisch, nachdem Mephisto ihn „Mein Herr Magister Lobesan“ genannt hat: Schöne erwähnt jedoch die These, dass Faust die mögliche Strafbarkeit der Verführung auch eines mündigen Mädchens und das in diesem Fall ihn das geltende Recht nicht kümmere[11]. Viele Kommentare sagen zwar, dass Faust mit dem Satz über vierzehn Jahr[12] doch (V. 2627) auf die Heiratsfähigkeit Gretchens aus ist, aber dieser Vers drückt eher den Willen zur Verführung aus. [...]
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