Bis Ende des 18. Jahrhunderts bezog sich der Begriff Romantik auf dem Genre des Romans, das als minderwertig galt, weil es ein Massenpublikum durch die narrative Spannung anlockte. Die ersten Theoretiker der Romantik, sowie Ludwig Tieck, der die Romantik praktisch geformt hat, nehmen von dieser allgemeine Stellungnahme Abstand und unterstreichen das Wert der romantischen Texte: indem sie etwas über die Welt und die Menschen aussagen, haben sie auch einen eigenen Reiz und bilden eine anspruchsvolle Literatur. Die Romantik kann als Produkt einer theoretischen Arbeit betrachtet werden, um ein Bild davon in der Praxis zu geben.
Friedrich von Hardenberg (Novalis), der das poetische Symbol der Romantik erfunden hat, nämlich die „blaue Blume“ und nur ein fragmentarisches Werk hinterlassen hat, ist als Spiegel zu betrachten, der nicht nur einen eigenen Gedankengang entwickelt, sondern auch die Tendenzen seiner Zeit widerspiegelt.
Im Besonderen ist Europa eine 1799 entstandene Rede von Novalis, die mehrere wichtige Themen der politischen Romantik in sich beinhaltet. Dieser Begriff der „politischen Romantik“ kann von vornherein als Paradoxon empfunden werden, weil er das Eigenschaftswort „politisch“ mit einer literarischen Tendenz verbindet. Eigentlich zeigt dieser Begriff, der von Carl Schmitt erfunden wurde, dass die Romantik sich nicht auf eine literarische Richtung einschränkt, sondern vor allem einen geistigen Zustand der Welt gegenüber.
Die Rede von Novalis ist als Essay der Staats- und Geschichtsphilosophie zu betrachten. Sie war zunächst für eine Veröffentlichung im Athenäum bestimmt. Als Novalis jedoch sie bei einem Treffen im frühromantischen Freundeskreis, am 13. und 14. November 1799 in Jena, vortrug, erntete sie sehr zwiespältige Kommentare. Tieck zufolge wurde die Rede als zu schwach empfunden. Schelling schrieb als Antwort auf Novalis Europa ein satirisches Gegengedicht. Zunächst sollten beide Texte als Gegenüberstellung im Athenäum erscheinen. In Abwesenheit Novalis wurde Goethe zur Veröffentlichung befragt und riet gänzlich davon ab. Die Rezeption ist somit seit Beginn von Unverständnis und Missverständnissen geprägt.
Es handelt sich im Text um das Thema des verlorenen goldenen Zeitalters, das wieder gefunden werden muss. In dieser Hinsicht gilt es sich zu fragen, auf welche Epoche Novalis zufolge dieses Zeitalter sich bezieht und warum, inwiefern diese Weltanschauung neuartig ist und welche Geschichtsauffassung damit verbunden ist.
Demnach wäre es interessant, nach der Analyse der im Text ausgedrückte Sehnsucht nach einem „goldenen Zeitalter“, warum es dem Autor zufolge zu einem Zerfall in der Geschichte gekommen ist, um sich schlussendlich mit dem Zukunftsideal, das im Text gerühmt wird, und die theoretische Hintergründe, die unterschwellig sind, zu beschäftigen.
[...] Weimar : Karl-Heinz Hahn Sekundärliteratur Roger Ayrault: La genèse du romantisme allemand. Paris : Aubier Bd.1 François-G. Dreyfus : Histoire des Allemagnes. Paris : Armand Colin Kapitel VII, Jacques Droz : Le romantisme politique en Allemagne. Textes choisis et présentés par, Paris : Armand Colin Karl Grob : Ursprung und Utopie, Aporien des Textes, Versuche zu Herder und Novalis. Bonn: Bouvier Verlag Herbert Grundmann Hans-Joachim Mähl : Die Idee des goldenen Zeitalters im Werk des Novalis : Studien zur Wesensbestimmung der frühromantischen Utopie und zu ihren ideengeschichtlichen Voraussetzungen. [...]
[...] Kindliches Zutrauen knüpften die Menschen an ihre Verkündigungen. Wie heiter konnte jedermann sein irdisches Tagewerk vollbringen, da ihm durch diese heiligen Menschen eine sichere Zukunft bereitet, [ ] jede missfarbige Stelle des Lebens durch sie ausgelöscht, und geklärt wurde“.[48] In beiden Zitate wird das Mittelalter idyllisiert und mythologisiert, Schattenseiten der Wirklichkeit werden wahrscheinlich bewusst verschweigen, um eigentlich eine politische Programmbildung, nämlich jene der Einheit und der kollektiven Identität, zu unterstützen. Schlussfolgerung Um die Geschichtsphilosophie der Frühromantik, und in diesem Falle genauer von Novalis, näher zu kommen, wurde im Laufe dieses Gedankenganges zuerst seine idyllisierte und mythisierte Darstellung eines goldenen Zeitalter, das das Mittelalter in eine Märchenform versinnbildlicht, erklärt, dann die weitere Stufe in der Geschichtsentwicklung angesprochen, nämlich den Zerfall der Zivilisation, der er mit der lutherschen Reformation und die Aufklärung, bzw. [...]
[...] Eine Sehnsucht nach dem „goldenen Zeitalter“ Vom Anfang an ist die Geschichtsauffassung Novalis von der Sehnsucht nach einer verlorenen Epoche geprägt. Der Text fängt eigentlich wie eine Geschichte an: er liefert eine verklärte, idealisierte Darstellung des Mittelalters, und dies auf mehrere Hinsichte. A. Die Sehnsucht nach der verlorenen Einheit durch die Religion Das Bild des Mittelalters, das am Anfang des Textes vermittelt wird, erscheint als einer Zeit der Einheit, wie der kursiv und mit großem Anfangsbuchstaben gedruckte Artikel deutlich zeigt: Es handelt sich um politische, religiöse und menschliche Einheit. [...]
[...] Das Ziel dieses geschichtsphilosophischen Modells: politischer Konservatismus? Schlussfolgerung Literaturverzeichnis Einleitung Bis Ende des 18. Jahrhunderts bezog sich der Begriff Romantik auf dem Genre des Romans, das als minderwertig galt, weil es ein Massenpublikum durch die narrative Spannung anlockte. Die ersten Theoretiker der Romantik, sowie Ludwig Tieck, der die Romantik praktisch geformt hat, nehmen von dieser allgemeine Stellungnahme Abstand und unterstreichen das Wert der romantischen Texte: indem sie etwas über die Welt und die Menschen aussagen, haben sie auch einen eigenen Reiz und bilden eine anspruchsvolle Literatur. [...]
[...] Stuttgart: Reclam S.67, In: Ibid. Hans-Joachim Mähl : Die Idee des goldenen Zeitalters im Werk des Novalis : Studien zur Wesensbestimmung der frühromantischen Utopie und zu ihren ideengeschichtlichen Voraussetzungen. Heidelberg: Carl Winter S.385 Matthias Nowack: Wackenroders Einfluss auf das Mittelalterbild des Novalis : Ein Beitrag zum besseren Verständnis der ‚Europarede'. In: The Germanic Review. Hrsg. [...]
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