Das englisch-französische Verhältnis, das zweifellos ab November 1882 zu einem Problem ersten Ranges in Europa wurde, war im 19.Jahrhundert und seit den napoleonischen Kriegen durch ein ständiges Auf und Ab auf der politisch-diplomatischen Ebene gekennzeichnet: Dies wird allein am Beispiel der zahlreichen politischen Annäherungen, des Zusammengehens im Krimkrieg auf der einen und am Beispiel der erheblichen Differenzen in der Dänemarkpolitik auf der anderen Seite deutlich. Von einer Anglophobie, laut Brunschwig vor 1870 nur „the navy's prerogative“, kann im Frankreich dieser Epoche kaum die Rede sein. Ganz ähnlich ist die Einstellung Englands zu seinem Nachbarn, dessen starkes Mitgefühl zur Zeit des deutsch-französischem Krieges von 1870/1871 in der Presse unmissverständlich und unzweideutig zum Ausdruck gebracht wurde. Vor diesem Hintergrund muss auch der im 19.Jahrhundert schnell und grundsätzlich reibungslos verlaufende Prozess der Kolonisation der Erde betrachtet werden.
Die folgenden Betrachtungen konzentrieren sich in der Hauptsache auf das englisch-französische Verhältnis gegen Ende des 19.Jahrhunderts, das sich wegen erheblicher kolonialer Differenzen rasch zu einem auf dem ersten Blick unüberbrückbaren Gegensatz entwickelt. Die Untersuchung dieser Thematik wird aber nicht sklavisch eng erfolgen, sondern es wird in den kommenden Ausführungen der Versuch unternommen, den englisch-französischen Kolonialdualismus in einem größerem Format – und zwar im Kontext der neuen politischen Lage in dem seit den 70er Jahren komplett umgestalteten Europa – zu betrachten, wobei Nachdruck auf die ägyptische Angelegenheit und ihre Folgen gelegt wird. Im Zentrum des ersten Teils steht die Untersuchung der Faktoren, die beide Mächte dazu bewogen haben, nach den Worten von Hans-Christoph Schröder, „Kompensationsimperialismus“ zu betreiben und die sie letzten Endes zu dauerhaften Feinden machen sollten
[...] die des liberalen Außenministers Ribot 1890-1893 wären in dieser Hinsicht zu erwähnen, wenn sie nicht von den immer mehr an Einfluss gewinnenden Anglophoben und von der erhitzten öffentlichen Meinung in Frankreich systematisch torpediert worden wären.[46] Darin könnte man vielleicht die direkte Folge der in Frankreich ein Gefühl der unüberwindlichen Abneigung gegen England auslösenden Politik Salisburys sehen, die auf eine Entzweiung zwischen Frankreich und Marokko zielte.[47] Der englisch-französische Gegensatz in Hinterindien Ein anderer Schwerpunkt der imperialistischen Politik bzw. des englisch- französischen Kolonialdualismus lag außerdem im Fernen Osten, in dem südchinesischen Gebiet namens Hinterindien. [...]
[...] Koelle: Englische Stellungnahme gegenüber Frankreich, S ff. Siehe: Renouvin: Histoire des relations internationales, S Renouvin weist darüber hinaus darauf hin, dass die in der ganzen Angelegenheit von England und Deutschland betriebene Politik ganz bewusst auf das Aufreißen einer Kluft zwischen Frankreich und Italien gezielt habe: Auf englischer Seite hatte die Perspektive einer kompletten, die Interessen Englands auf Malta gefährdenden Kontrolle der sizilischen Meerenge durch Italien, bestimmt den entscheidenden Anstoß zur Billigung der Besetzung Tunesiens durch Frankreich gegeben. Bismarck hatte seinerseits voraussichtlich im Sinne eines für Deutschland günstigen Beibehaltens der Isolierung Frankreichs in Europa gehandelt.; Siehe auch : Documents Diplomatiques Français (1871-1914), Paris, Imprimerie nationale, MCMXXIX, im folgenden D.D.F., Bd Challemel- Lacour à Barthélémy Saint Hilaire février 1881. [...]
[...] Schieder: Handbuch, S Hier sei hinsichtlich dessen nur der französische Stützpunkt in Djibouti erwähnt. Guillen, Pierre: L'Expansion 1881- 1898, Imprimerie Nationale, Paris 1985, S im folgenden : L'Expansion ; Siehe insbesondere: Cook, James: New French Imperialism 1880 1910: The Third Republic and colonial expansion , Archon Books: Handen, Connecticut S im folgenden: New French Imperialism; Siehe auch Roepke, Fritz: Von Gambetta bis Clémenceau, Fünfzig Jahre Französischer Politik und Geschichte, Deutsche Verlagsansalt, Stuttgart/Berlin 1922, im folgenden: Von Gambetta bis Clémenceau, S Dort liest man: An dem neuen Weg hatte aber England ein besonderes Interesse, da er der kürzeste und deshalb wichtigste nach der indischen Herrschaft war.“ Koelle: Englische Stellungnahme gegenüber Frankreich , S Ebd. [...]
[...] mit dem Weiterbau eines großen Kolonialreiches befriedigt werden. Diese Idee, ja Notwendigkeit hat der französische Historiker Brunschwig in dem sehr bekannten, stark von darwinistischen Zügen gefärbten Motto „Pour rester une grande nation ou pour en devenir une, un peuple doit coloniser.“[13] zutreffend wiedergegeben. Noch zu berücksichtigen, um das sich rasch zu einem scharfen Gegensatz entwickelnde englisch-französische Verhältnis zu verdeutlichen, sei außerdem die Eröffnung des Suez-Kanals im Jahre 1869, die eine Verlagerung der Interessen beider Mächte in das Mittelmeer, das plötzlich zu einer strategisch wichtigen Straße geworden war, bedingte. [...]
[...] 1-118. Ganiage, Jean: France, England and the Tunisian Affair, in: Gifford, Prosser and Roger Louis WM: France and Britain in Africa, Imperial Rivalry and Colonial Rule, Yale University Press, New Haven/London 1971, S. 35-73. Guillen, Pierre: L'Expansion 1881- 1898, Imprimerie Nationale, Paris 1985. Koelle, William: Englische Stellungnahme gegenüber Frankreich in der Zeit vom deutsch französischen Krieg 1870 1871 bis zur Besetzung Ägyptens durch England 1882, Verlag Dr. Emil Ebering, Berlin 1934. [...]
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